"Ruhm. Ein Roman in neun Geschichten" von Kehlmann
Altersgemäße Literatur - fertig aufbereitet für den Unterricht
- Typ:
- Unterrichtseinheit
- Umfang:
- 69 Seiten (1,1 MB)
- Verlag:
- School-Scout
- Auflage:
- (2017)
- Fächer:
- Deutsch
- Klassen:
- 7-11
- Schulform:
- Gymnasium, Realschule
Daniel Kehlmann gelingt mit seinem Werk “Ruhm. Ein Roman in neun Geschichten”, Realität und Fiktion gänzlich miteinander zu verschmelzen. Der im Jahr 2009 erschienene Roman erreichte auf der Bestsellerliste von Spiegel und Focus Platz eins. Er besteht – wie der Titel bereits verrät – aus insgesamt neun kurzen Geschichten, die zunächst scheinbar für sich stehen. Wie sich beim Lesen jedoch nach und nach herausstellt, sind die einzelnen Figuren und deren Geschichten – mal mehr, mal weniger – miteinander verbunden.
Die Reihe “Lektüren im Unterricht – Altersgemäße Literatur” bietet alle Hilfsmittel und Informationen, die Sie benötigen, um mit Ihren Schülerinnen und Schülern altersangemessene Lektüren wie Daniel Kehlmanns “Ruhm. Ein Roman in neun Geschichten” im Unterricht differenziert zu erarbeiten und dabei Strategien und Techniken des Lesens und Verstehens literarischer Texte zu erlernen und zu vertiefen.
Inhalt:
- Didaktisches Hintergrundwissen
- Lesebegleitende Lektürehilfen
- Inhaltsübersicht
- Charakterisierungen von Ebling, Leo Richter, Elisabeth, Ralf Tanner, Maria Rubinstein, Miguel Auristos Blancos, Mollwitz und den Nebenfiguren
- Arbeitsblätter
- Quizspiele und Kreuzworträtsel
- Portfolio der Kompetenzfelder
- Klassenarbeit: Rosalie geht sterben
Textauszug:
Die Lektüre “Ruhm. Ein Roman in neun Geschichten” im Unterricht
Daniel Kehlmanns 2009 erschienenes Werk „Ruhm“ ist – wie der Untertitel bereits sagt – ein Roman bestehend aus neun Geschichten. Der Autor thematisiert in diesem Fragestellungen und Probleme, die ihn beschäftigen und seiner Ansicht nach derzeit allgegenwärtig sind. Somit weist er mit seinem Werk auf mögliche Gefahren hin, die mit der ansteigenden Medialisierung einhergehen und möchte seine Leser für die aktuelle Thematik der mehr und mehr an Einfluss gewinnenden Kommunikationstechnologien sensibilisieren, die zunehmend über unser Leben bestimmen.
Ganz bewusst ist sein Roman „Ruhm“ wie ein Episodenfilm aus einzelnen Episoden, kurzen Geschichten, aufgebaut, die größtenteils für sich stehen können, zusammen aber auch ein Ganzes ergeben. Kehlmanns Werk ist ein postmoderner Roman, der verschiedene Deutungsmöglichkeiten eröffnet. Die Vermischung von Realität und Fiktion spielt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.
Ein Werk der Postmoderne
Kehlmanns Werk „Ruhm“ weist einige Aspekte der Postmodernen Literatur auf. Von besonderer Bedeutung ist die Doppelfunktion des Protagonisten Leo Richter, der sowohl als literarische Figur als auch als Autor einiger Geschichten auftritt. Dies zeugt von einem Bruch mit der klassischen Hermeneutik, einer Thematisierung der Produktion von Literatur und einem Spiel mit verschiedenen Erzählperspektiven und -techniken.
Die Verschmelzung von Realität und Fiktion wirft die Frage nach der wahren Identität der Protagonisten bzw. des Erzählers auf. Dem Leser wird stets vor Augen geführt, dass die Handlung ausgedacht, also eine Fiktion ist. Unklar bis zum Schluss bleibt, wer der Autor der einzelnen Geschichten ist – Daniel Kehlmann als Autor des Romans oder Leo Richter, der Schriftsteller, der gleichsam als Figur innerhalb der Handlung erscheint. Damit zerbricht auch die traditionelle Hermeneutik, wonach man durch intensives Textstudium unmittelbar auf den Urheber und seine Intention schließen kann. Im Zentrum stehen der Text und der Leser, der nun eine viel größere Bedeutung hat als zuvor. Viele postmoderne Werke bieten viele verschiedene Deutungsansätze und Freiräume für den Leser, der dadurch zu einer Art Co-Autor wird. In „Ruhm“ wird dies durch die zum großen Teil anonym bleibenden einzelnen Protagonisten und häufig abrupt bzw. offen endenden Geschichten realisiert. Weiterhin verändern sich die einzelnen Figuren in Kehlmanns Roman, führen ein Parallelleben oder verschwinden gänzlich. Die Ironie ist typisch und dient als Mittel zur Unterhaltung. Der Autor schafft beim Leser eine ironisch-distanzierte Haltung zur Handlung, sodass sich dieser mit keiner bestimmten Figur identifiziert.
Der Roman besteht aus einzelnen Episoden, die jeweils einen anderen Sprachstil vorweisen, was wiederum einer Collage bzw. Montage ähnlich ist, eine häufig angewandte Technik der Postmoderne. Verschiedene Erzählebenen und -perspektiven sind Teil postmoderner Literatur.
Bei „Ruhm“ zeigt sich dies im unzuverlässigen (Ich-)Erzähler, der mal aus der Perspektive einer Figur in der Ich-Form, mal als personaler Erzähler und mal als Autor der Geschichte in Erscheinung tritt. Dadurch, dass der Erzähler sogar mit seinen Figuren spricht, wird gezeigt, wie Literatur funktioniert und wie man normalerweise der Macht der Fiktion erliegt, indem man dem Erzähler Vertrauen schenkt. In der Selbstreflexion werden also die Funktionsprinzipien und Wirkmechanismen von Literatur thematisiert.
- Erzählinstanz*
Im Roman „Ruhm“ gibt es unterschiedliche Erzähler. Auffällig ist, dass die einzelnen Figuren nicht nur aus ihrer Perspektive von den Geschehnissen berichten, sondern gleichsam Leo Richter als Erzähler und Autor mit seinen Protagonisten in einen Dialog kommt.
Es liegt also der Fall vor, dass der Erzähler einiger Geschichten zugleich als Figur in die Handlung involviert ist. Man ist das gewohnt, nur gibt es hier einen wichtigen Unterschied zu anderen Ich-Erzählern: Man kann ihm nicht trauen. Es werden ständig Hinweise darauf gegeben, dass der Erzähler Dinge anders wahrnimmt oder sie verändert, so wie bspw. in „Rosalie geht sterben“, wo er die Handlung verändert und am Ende Rosalies Existenz gänzlich auslöscht (S. 64-77).
Auch bei „In Gefahr“ findet eine Vermischung von Fiktion und Realität statt, als sich Elisabeth und Lara Gaspard – eine Romanfigur Leo Richters – plötzlich begegnen und unklar bleibt, ob es sich nun um eine Geschichte des Autors Leo Richter handelt, in der Elisabeth als seine fiktive Figur auftritt, oder tatsächlich seine Freundin ist (S. 197-203).
Der Erzähler lässt vermuten, dass er Fiktion und Realität nicht immer zu trennen weiß. Man vermutet eine dahinter liegende Wahrheit, die nicht ermittelt werden kann.
Die Erzählfigur steuert somit die Geschehnisse der Handlung. Es gibt keinen linearen, sondern in Fragmenten erfolgenden Erzählstil, der immer wieder (Zeit-)Sprünge und das Schildern der Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven zulässt. Untermauert wird dies durch die ironische und ungebundene Sprache.