Sauerstoffsensor HIF-1
Reaktion der Zellen bei Luftknappheit
- Typ:
- Unterrichtseinheit
- Umfang:
- 33 Seiten (2,4 MB)
- Verlag:
- RAABE
- Auflage:
- 1 (2020)
- Fächer:
- Biologie
- Klassen:
- 11-13
- Schulform:
- Gymnasium
Meinen wir etwas Unverzichtbares, sprechen wir oft davon, es sei so notwendig “wie die Luft zum Atmen”. Als Ausgangsstoff der Zellatmung ist Sauerstoff für uns, wie für die meisten Organismen, unverzichtbare Grundlage der Dissimilation. Erst Sauerstoff ermöglicht über die Endoxidation eine effektive Nutzung der Energie organischer Stoffe zur Synthese von ATP. Mehrzellige Tiere haben in der Evolution verschiedene Lösungen zur Aufnahme des Atemgases und zu seiner Verteilung entwickelt. Bei uns erfüllen die stark gekammerten Lungen und das Blut mit seinen hämoglobinhaltigen Erythrozyten diese Aufgaben. Die Bedeutung einer konstanten Sauerstoffversorgung zeigt sich auch daran, dass mehrere Regelkreise die Sauerstoff-Homöostase unter verschiedenen Bedingungen absichern. Vorgänge auf Organismusebene wie der Atemreflex und die Anpassung der Herz-Kreislauf-Funktion an die jeweilige Leistungssituation sind bereits länger bekannt und zu klassischen Themen des Biologieunterrichts geworden.
Lange Zeit ungeklärt war dagegen, ob und wie einzelne Zellen ihren Versorgungszustand bezüglich des Sauerstoffs registrieren und daraufhin eine physiologische Reaktion einleiten können. Die drei Nobelpreisträger für Medizin und Physiologie des Jahres 2019 haben einen eleganten Mechanismus entschlüsselt, der beides ermöglicht. In den 1990er-Jahren entdeckte Gregg L. Semenza von der Johns Hopkins University in Baltimore ein speziell bei Sauerstoffmangel nachweisbares Protein und nannte es “Hypo-xia Inducible Factor 1a”. Zusammen mit einer stets vorhandenen ß-Untereinheit bildet dieses den Transkriptionsfaktor HIF-1. Semenza gelang es auch, eine Sequenz im Genom nachzuweisen, an die HIF-1 bindet. Dieser Enhancer aktiviert u. a. das Erythropoietin-Gen, dessen Produkt, das Hormon EPO, die Bildung von Erythrozyten intensiviert und dadurch die Sauerstoffversorgung verbessert. Heute weiß man, dass HIF-1 an der Regulation von über einhundert weiteren Genen in einem breiten Spektrum verschiedener Zelltypen beteiligt ist. Aus einer ganz anderen Richtung näherte sich William G. Kaelin dem Problem. Bei seiner Krebsforschung am Dana-Farber Cancer Institut in Boston stieß er auf das Tumorsuppressorgen VHL, dessen Mutation das Von-Hippel-Lindau-Syndrom auslöst. Gemeinsam mit dem in Oxford forschenden dritten Preisträger Peter J. Ratcliff konnte er später zeigen, dass das Protein VHL die in der Zelle vorliegende Menge an HIF-1a sauerstoffabhängig reguliert. Die folgenden Aufgabenvorschläge bieten Gelegenheit, die Sauerstoff-Homöostase von molekularen Vorgängen der Genregulation bis zur physiologischen Reaktion des Organismus über mehrere Systemebenen zu verfolgen. Sie knüpfen Verbindungen zwischen traditionellen Inhalten der Kursstufenbiologie und dem Nobelpreisthema 2019 und sollen zu seiner Thematisierung im Unterricht der gymnasialen Oberstufe anregen.
Inhaltsverzeichnis:
- Methodisch-didaktische Hinweise
- M 1: Erythrozyten nach Bedarf
- M 2: Enhancer steuern die Transkription von Genen
- M 3: Der Transkriptionsfaktor HIF-1 als Sauerstoffsensor
- M 4: Medikamente gegen Blutarmut
- M 5: Tschuwaschen-Polyzythämie – Eine seltene Erkrankung
- Lösungen
- Literaturverzeichnis