“Gerade in einer Zeit, in der unsere Demokratie mit neuen Herausforderungen konfrontiert ist, ist eine identitätsstiftende Erinnerungskultur wichtig”. Dieser bemerkenswerte Satz entstammt einer aktuellen geschichtswissenschaftlichen Publikation über die “Weimarer Republik” und zeigt, dass eine aktive Verteidigung demokratischer Werte von vielen Historikerinnen und Historikern inzwischen auch als Aufgabe ihrer Wissenschaft angesehen wird. Das war nicht immer so und ist auch heute nicht allen Angehörigen der “Zunft” geheuer, da sie in solcher Positionierung eine Beschädigung von wissenschaftlichen Standards erblicken oder “Ausgewogenheit” vermissen.

Dem wird aber zunehmend das Argument entgegengehalten, dass Demokratie gerade eine “Funktionsbedingung” der Geschichtswissenschaft sei. Doch welche Lehren sind aus der Geschichte der Weimarer Republik für unsere Demokratie zu ziehen? Bis vor wenigen Jahren herrschte große Einigkeit darüber, Schülerinnen und Schüler das Ende der Republik gewissermaßen als übles Beispiel des fehlenden Einsatzes für die demokratische Staatsform vorzuführen – natürlich mit dem “pädagogischen” Gedanken, dadurch einen Beitrag zu deren Imprägnierung gegen rechte Ideologien zu leisten. Die Weimarer Demokratie wurde so zur unglücklichen Vorgeschichte des Nationalsozialismus. Ob dies zum Erfolg geführt hat, ist nicht sicher.

Deshalb verfolgt dieses Heft einen anderen Ansatz: Hier soll in erster Linie nach dem demokratischen Potenzial der Weimarer Republik gefragt und sie als Teil der deutschen Demokratiegeschichte begriffen werden, ohne Probleme und Defizite zu verschweigen. Es wird also mehr auf den Anfang statt auf das Ende geblickt. Neuere Forschungen haben diese Blickrichtung aufgegriffen und Korrekturen an dem defizitorientierten Weimar-Bild vorgenommen.

Inhaltsverzeichnis:

• Basisartikel: Die Weimarer Republik – ein Ort der Demokratiegeschichte
• Unterricht:
  • Ein schwieriger Neubeginn? Abdankung des Kaisers, doppelte Ausrufung der Republik, Waffenstillstand – zeitgenössische Wahrnehmungen und Zukunftserwartungen im November 1918
  • Republik ohne Republikaner? Die Wahl zur deutschen Nationalversammlung von 1919
  • Die Weimarer Verfassung – Die demokratischste Demokratie der Welt?
  • Rechte Justiz? Zum Aussagewert einer statistischen Tabelle
  • Die “Neue Frau” in der Weimarer Republik – Prototyp weiblicher Emanzipation?
  • Weimars größter Staatsmann? Gustav Stresemann als Krisenmanager im In- und Ausland
  • Boygroup mit Frack und Fliege – Die Endphase der Weimarer Republik im Spiegel von Liedern der Comedian Harmonists
• Forum:
  • Die vielen Krisen des “Krisenjahres 1923”
  • Wer waren eigentlich die Guten? Jugendbuchrezensionen und Unterrichtstipp