Lektüren im Unterricht: Stamm - Agnes
Literatur fertig für den Unterricht aufbereitet
- Typ:
- Arbeitsblätter / Unterrichtseinheit
- Umfang:
- 82 Seiten (1,0 MB)
- Verlag:
- School-Scout
- Auflage:
- (2014)
- Fächer:
- Deutsch
- Klassen:
- 11-13
- Schulform:
- Gymnasium
“Lektüren im Unterricht” gibt Ihnen alle notwendigen Unterrichtshilfen und Arbeitsblätter an die Hand, um Peter Stamms Roman “Agnes” im Unterricht zu erarbeiten und Ihre Schülerinnen und Schüler so bestmöglich auf die zentralen Abiturprüfungen vorzubereiten. Im Fokus steht dabei die möglichst selbstorganisierte Erarbeitung der Lektüre.
In Peter Stamms Roman “Agnes” berichtet ein Ich-Erzähler davon, wie er während eines längeren Aufenthalts in Chicago eine junge Doktorandin namens Agnes kennenlernt und mit ihr eine Beziehung anfängt. Er beginnt eine Geschichte über sie zu schreiben. Im Verlauf dieser Geschichte, werden verschiedene (vermeintlich) universelle Themen der Gegenwart angeschnitten, so etwa Liebes- und Freiheitssehnsucht, Entfremdung oder allgemeine Sinnsuche. Durch die Einarbeitung eines unzuverlässigen Ich-Erzählers werden Realität und Fiktion dabei bewusst vermischt. Der Leser kann der Erzählung nicht trauen. All diese Faktoren geben der, auf den ersten Blick, recht simplen Handlung einen großen Facettenreichtum und erlauben verschiedenste Interpretationsansätze.
Dies Unterrichtsmaterial bietet umfangreiche und didaktisch aufbereitete Arbeitsblätter sowie Kopiervorlagen für den direkten Einsatz in verschiedenen Phasen der Lektürearbeit. Ein strukturierter und differenzierter Leseprozess wird dadurch angeleitet, die weitere Bearbeitung im Unterricht maßgeblich erleichtert. Aufgaben zur Interpretation leiten gezielt bei der Erarbeitung des Romans „Agnes“ an, die durch eine genaue Inhaltsangabe sowie tiefergehende Charakterisierungen unterstützt wird. Arbeitsblätter zur Leistungsüberprüfung sowie eine abschließende Klausur mit Erwartungshorizont und ausführlicher Musterlösung können zur Klausurvorbereitung sowie zur Selbstüberprüfung herangezogen werden.
Inhalt:
- Didaktische Hintergrundinformationen
- Zusammenfassung, Textanalyse & Interpretation
- Charakterisierung der Hauptpersonen (Ich-Erzähler, Agnes, Louise)
- Arbeitsblätter zur Erarbeitung der Lektüre im Unterricht (Aufbau, Form, Sprache & Inhalt von Agnes)
- Kompaktes Prüfungswissen in Frage und Antwort
- Anregungen & Hinweise zur Erstellung von Klausuren
- Direkt einsetzbare Klausur (Hat Agnes den Erzähler verlassen?)
Textauszug:
Vorwort
Bemerkenswert ist der Sprachstil des Romans, der äußerst lakonisch und unaufgeregt wirkt, aber gerade in dieser Reduktion überaus präzise und bedeutungsschwer ist. In Kombination mit dem sehr kleinen Figurenensemble macht diese Sprache „Agnes“ zu einer Art literarischem Kammerspiel, das die Beziehung zweier Menschen in ihrem Anfang, ihrer Hochphase und ihrem Scheitern nachzeichnet. All diese Faktoren geben der, auf den ersten Blick eher simplen Handlung einen großen Facettenreichtum und erlauben verschiedenste Interpretationsansätze.
Der Roman lässt sich als gutes Beispiel für zeitgenössische Literatur im Unterricht einsetzen, und bietet Stoff, um einige Aspekte der Postmoderne zu thematisieren. Vor allem die offene und mehrere Deutungen zulassende Konstruktion des Romans, die Erzählperspektive und der Sprachstil zeichnen „Agnes“ aus. Die hohe Komplexität des Romans wird zugleich dadurch relativiert, dass er relativ kurz gehalten ist, sich auf wenige Figuren konzentriert und als eine Liebes- bzw. Beziehungsgeschichte für viele Leser ansprechend ist.
Ein Werk der Postmoderne
Einige wichtige Aspekte der Postmoderne sind in „Agnes“ realisiert. Von besonderer Bedeutung sind der sog. „Tod des Autors“ und der damit verbundene Bruch mit der klassischen Hermeneutik, Intertextualität, die Thematisierung der Produktion von Literatur und das Spiel mit verschiedenen Erzählperspektiven und -techniken.
Der „Tod des Autors“ bezeichnet den Gedanken, dass bei der Interpretation von Werken allein der Text von Bedeutung ist. Der Autor verliert an Bedeutung, denn jeder Text hat als eine Ansammlung von bewussten wie auch unbewussten Zitaten, historisch-gesellschaftlichen Einflüssen usw. einen eigenen Sinn, der weit über das hinaus geht, was der Dichter vielleicht einmal ursprünglich an Moral und Gestaltungselementen hineinlegen wollte. Damit zerbricht auch die traditionelle Hermeneutik, nach der man durch intensives Textstudium unmittelbar auf den Urheber und seine Intention schließen kann. Im Zentrum stehen der Text und der Leser, der nun eine viel größere Bedeutung hat als zuvor: Er findet nicht mehr heraus, was ein Dichter sich überlegt hat, sondern deutet aktiv das, was er vorfindet. Viele postmoderne Werke greifen nun diesen Gedanken auf und bieten viele verschiedene Deutungsansätze und Freiräume für den Leser, der dadurch zu einer Art Co-Autor wird. In „Agnes“ wird dies durch Auslassungen in den Beschreibungen und das häufig nur kurze Anschneiden verschiedener Themen realisiert.
Damit verbunden ist bereits der Aspekt der Intertextualität. Bei „Agnes“ wird vielfach auf andere Kunstwerke verwiesen, sodass ein Netz aus Querverweisen gespannt wird. Der Leser kann diese aufgreifen und in seine Interpretation miteinarbeiten.
Intertextualität ist typisch postmodern und ihr liegt der Gedanken zugrunde, dass in der literarischen Tradition alles bereits schon einmal gesagt oder geschrieben wurde, d.h. jede Aussage ist in irgendeiner Form bereits ein Zitat und keine völlig neue Schöpfung (daher auch die Abwertung der Autorenfigur). Die postmoderne Literatur spielt bewusst damit, indem sie häufig direkte und indirekte Zitate streut.
Verschiedene Erzählebenen und -perspektiven sind Teil des Spiels mit Verweisen. Postmoderne Literatur verweist häufig nicht nur auf andere Werke, sondern auch auf sich selbst und ist von Selbstreflexion geprägt. Bei „Agnes“ zeigt sich dies im unzuverlässigen Ich-Erzähler, der rückblickend über eine Beziehung und eine Geschichte schreibt, die sich gegenseitig beeinflussen (siehe dazu weiter unten „Charakteristika“). Dadurch, dass dem Erzähler dabei immer wieder Fehler unterlaufen oder indirekt angedeutet wird, dass seine Erzählung vom tatsächlichen Geschehen abweicht, wird gezeigt, wie Literatur funktioniert und wie man normalerweise der Macht der Fiktion erliegt, indem man dem Erzähler Vertrauen schenkt. In der Selbstreflexion werden also die Funktionsprinzipien und Wirkmechanismen von Literatur thematisiert.
Einige würden womöglich auch die Themen, die in Agnes verhandelt werden, als zumindest teilweise postmodern bezeichnen, jedoch ist zeitgenössisch nicht zwingend gleichzusetzen mit postmodern, wie oben bereits erwähnt wurde.